Die deutsch-dänischen Beziehungen gedeihen – trotz Covid-19

In einem Versuch, positive Aspekte der derzeitigen Krise zu finden, hat unser HR-Partner Mercuri Urval es sich zur Aufgabe gemacht, die Möglichkeiten und das Potenzial für Firmen zu definieren, die in Folge der Krise entstehen.

Eine Reihe deutscher und dänischer Unternehmer und Mitarbeiter haben sich für ein Interview mit mir zur Verfügung gestellt. Dabei sind einige interessante Themen zur Sprache gekommen, die ich gerne mit Ihnen teilen möchte.

Obwohl wir versuchen, optimistisch zu bleiben, gibt es keinen Zweifel, dass Covid-19 unsere Wertschöpfungsketten, Unternehmen und unsere „normale“ Art und Weise, ein Unternehmen zu führen, herausgefordert hat.

Unter normalen Umständen werden unsere Beziehungen über die deutsch-dänische Grenze hinweg von zahlreichen Verhältnissen wie Kultur, Wirtschaft und Politik beeinflusst. Nun ist die Frage, welchen Einfluss die aktuelle Situation auf diese Beziehungen hat.

Die Situation hat uns auf jeden Fall einiges abverlangt. Sowohl im Privaten als auch bei der Arbeit waren wir gezwungen, die Dinge anders anzugehen. Für viele hat die Situation außerdem eine teilweise schwer vereinbare Verschmelzung von Berufs- und Privatleben mit sich geführt. Die Priorisierung und Verteilung von Verantwortung haben deswegen an Bedeutung gewonnen.

Führungskräfte haben in hohem Maß die zahlreichen Hilfspaketen genutzt, die sowohl von der dänischen als auch von der deutschen Regierung zur Verfügung gestellt wurden. Dies hat es vielen Unternehmen ermöglicht, trotz des starken Nachfragerückgangs   und der ansonsten gut funktionierenden europäischen und globalen Wertschöpfungsketten, Arbeitskräfte zu behalten.

Von sowohl deutschen als auch dänischen Führungskräften, hat Covid-19 eine verstärkte Kommunikation gefordert, um im neuen Alltag mit vielen plötzlichen Veränderungen und Herausforderungen navigieren zu können.

Im Dialog mit dänischen und deutschen Geschäftsführern über die positiven Effekte der Coronakrise sind einige Themen zur Sprache gekommen, die schon jetzt eine Bedeutung für die deutsch-dänischen Beziehungen haben und möglicherweise auch langfristig eine Rolle spielen werden.  

Das Gefühl von Bindung und Gemeinschaft hängt von verschiedenen Faktoren ab

Es gibt große Unterschiede in der Auffassung, was Covid-19 für die Bindung am Arbeitsplatz getan hat. Manchmal wird die Bindung wegen des häufigeren Nachfassens und dem erhöhtem Kommunikationsvolumen als stärker erlebt.

„Die täglichen Web- und Statusmeetings hatten zur Folge, dass ich einen viel stärkeren Teamgeist erlebt habe[…] vorher hatte ich nicht annähernd so viele Rücksprachen mit meinen dänischen Kollegen[…] oder Einblicke in deren übergeordneten Geschäfte.“
Gerhard Pollex, Sales Manager, Deutschland, Mining and Utility

Freigestellte Mitarbeiter bzw. Mitarbeiter in Kurzarbeit oder neu angestellte Kollegen laufen jedoch ein höheres Risiko, sich abgehängt zu fühlen. Freigestellte/Mitarbeiter in Kurzarbeit werden oftmals von einem großen Teil der Kommunikation aufgrund ihres neuen Status als „Mitarbeiter der nicht zur Verfügung steht“ ausgeschlossen. Neuangestellte fühlen sich überfordert, da sie noch keine Beziehungen zu den neuen Kollegen, Vorgesetzen, Kunden etc. etablieren konnten. Besonders für diese Mitarbeiter ist es wichtig, dass Führungskräfte sich zur Verfügung stellen und die Kommunikation und den Dialog mit dem Mitarbeiter stärken.

”[…] als neuer Mitarbeiter und gleichzeitig sozialer Mensch ist es nicht gerade ideal von zu Hause aus zu arbeiten[…] Es ist auch schwierig andere mit einzubinden, wenn man selber neu ist[…] die täglichen Videomeetings haben es mir jedoch ermöglicht, auch meine deutschen Kollegen um Hilfe zu fragen.“
Lasse Wrang, Neuangestellter Area Sales Manager seit 1. März 2020

Unabhängig von der Situation des Unternehmens ist fortlaufender Dialog und Kommunikation entscheidend – selbst wenn man nicht immer das Gefühl hat, dass es etwas zu besprechen gibt.

Die Führungskräfte, die es schaffen, sich die Zeit für online Teambesprechungen und kontinuierlichen 1:1- Dialog über die Landesgrenzen hinweg zu nehmen, erleben generell ein höheres Wohlbefinden und größere Motivation unter ihren Mitarbeitern.

Verstärkter Wissenstransfer und Kompetenzentwicklung

Als Folge von sowohl der verstärkten Kommunikation und der Verschiebung von Ressourcen durch Freistellungen/Kurzarbeit und einer ungleichen Verteilung der Arbeitslast zwischen verschiedenen Fachgruppen lässt sich noch ein anderer Trend ablesen, nämlich verstärkten Wissenstransfer und Kompetenzentwicklung.

„Ich verbringe viel Zeit damit, über die Möglichkeiten, ein paar Gänge runterzufahren, zu kommunizieren, falls dies notwendig werden sollte. Je offener und ehrlicher ich über unsere Situation und die Herausforderungen, auf die wir evtl. treffen könnten, kommunizieren kann, desto motivierter sind die Leute, mit neuen Ideen und Möglichkeiten beizutragen. [….] es war eine kleine Herausforderung für uns, unseren neuen Mann in Deutschland einzuarbeiten. Die ganze Einführung und das ganze Training fand per Video statt, und aus der aktuellen Situation heraus ist eine richtig gute Zusammenarbeit zwischen unseren deutschen Mitarbeitern entstanden.“
Palle Fjord Thomsen, COO, KVK Hydra Klov

Einige Mitarbeiter haben ein größeres Arbeitsvolumen erlebt, während bei anderen das Gegenteil der Fall war. Die Umverteilung an Aufgaben und Verantwortung zwischen den Mitarbeitern, die noch  arbeiten, hat ein höheres Maß an Wissenstransfer und  Weiterentwicklung von Kompetenzen verlangt.

Das hat dazu geführt, dass man sich entweder mit neuen Systemen vertraut gemacht hat, oder dass ein größerer Einblick in die Verantwortungsbereiche anderer gewonnen wurde. Der Einblick in die Funktionsweisen digitaler Kommunikationsformen hat sich generell auch verbessert, besonders auf der deutschen Seite der Grenze, nun wo es keine anderen Möglichkeiten gab, einander zu erreichen.

„Früher, vor Corona, hatte ich ein Backup, der meine Aufgaben übernehmen kann. Jetzt, wo die Leute nach Hause geschickt wurden, gibt es neue Aufgaben die gelöst werden müssen[…] Das hat mit sich geführt, dass ich mich in neue Systeme einarbeiten musste […] ich habe auch erlebt, dass meine Kunden plötzlich sehr viel erfahrener im Bezug auf digitale Kommunikationsmittel geworden sind“
Gerhard Pollex, Sales Manager, Mining and Utility

Gesteigertes Bewusstsein für die gegenseitigen Abhängigkeiten

Eine grundsätzliche Beobachtung ist, dass wir generell aufmerksamer gegenüber den Kollegen geworden sind. Die Begrenzungen haben weniger physische Treffen im deutsch-dänischen Zusammenhang zugelassen, aber dafür haben wir öfter Kontakt zueinander – nur eben über Telefon oder Videoanruf. Wir erkundigen uns öfter nach dem anderen; nach unseren Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und Geschäftspartnern. Die große gegenseitige Abhängigkeit in den Wertschöpfungsketten hat zur Folge, dass wir aufmerksamer im Hinblick auf die gegenseitigen Bedürfnisse geworden sind.

„Die Zukunft ist unsicher – Wir kennen nicht das Tempo der Öffnungsstrategie […] wir bekommen viele Updates seitens unserer Kunden und es ist jede Menge Arbeit, die Lokomotive wieder ans Laufen zu bringen“
Jesper Dobel, International Sales Manager, GKN Wheels

Gerade jetzt da wir einen „normaleren“ Alltag wieder erahnen können, müssen wir weiterhin verstärkt aufmerksam sein. Wir müssen sicherstellen, dass alle mit an Bord sind, bereit und startklar, bevor wir wieder so richtig „die große Lokomotive ins Rollen bringen.“

Der digitale Kontakt kann nicht der alleinige sein

Obwohl viele unserer Beziehungen in dem neuen Alltag digital geworden sind, gibt es gleichzeitig Zeichen dafür, dass die deutsch-dänischen Beziehungen blühen. Die Dialoge summen geradezu vor lauter Nähe und dem Wunsch, die konkrete Situation des jeweils anderen zu verstehen und ihr entgegenzukommen.

„Wir haben uns einander ziemlich schnell angenähert. Unter normalen Umständen spricht man nicht darüber, wie man mit so einer Sorge in seinem Unternehmen umgeht […] Vielleicht interessieren wir uns mehr für einander in so einer Situation. Plötzlich sehen wir vielleicht alle ein, dass unsere Organisation tatsächlich aus Menschen besteht…“
Horst Rose, Vorstand, & Board member, Denios AG.

Insbesondere die bereits existierenden Beziehungen hatten die Möglichkeit, trotz der Beschränkungen, die wir erleben, zu gedeihen, wohingegen neue Beziehungen es zunehmend schwerer hatten, sich zu entwickeln, wenn keine Kommunikation oder fortwährender Dialog vorhanden war.

Es besteht keinen Zweifel, dass die digitalen Möglichkeiten auch dazu beigetragen haben, dass es uns plötzlich leichter gefallen ist, sich füreinander zu interessieren. Dennoch überwiegt die Einschätzung, dass der digitale Kontakt nicht der alleinige sein kann.

„Im Moment macht es nichts aus, dass alles per Telefon und Video passiert, aber ich glaube nicht, dass dies langfristig haltbar sein wird – es gibt nichts dass zu 100 % den physischen Kontakt ersetzen kann. Das kann vorübergehend  funktionieren, aber es kann nicht [ewig] so bleiben.“
Peter Bertelsen, CEO Epoke Group

Wir Menschen sind davon angetrieben, zu überleben und wir sind in der Lage, uns sowohl größeren als auch kleineren Krisen anzupassen. Es wäre doch denkbar, dass alle Unternehmen, große wie kleine, dänische wie deutsche, es schaffen, die Erfahrungen aus dieser speziellen Zeit festzuhalten und ihre Wertschöpfungsketten, Organisation und Verhalten anzupassen, sodass sie in der Zukunft einen positiven Effekt auf das Geschäft haben können.

Welche Fragen sind es dann, die Sie als Geschäftsführer sich selber und anderen stellen sollten, um aus Corona zu lernen?

Wenn Sie Hilfe brauchen eine gute Frage zu finden, dann lesen Sie hier mehr oder kontaktieren Sie mich gerne für ein Gespräch.

Helene Tersbøl Kristiansen, Mercuri Urval